Luise Hofmeier, Metallbauerin

Sie heißt Luise Hofmeier. Lang waren die Wege, bis sie ihrer Passion folgen konnte. Das tut sie bis heute – mit ungebrochenem Engagement in ihrem Beruf und in ihrem Betrieb, der Drittwerk GmbH.

Engagiert ist sie auch seit vielen Jahren im Netzwerk, wo sie den Austausch mit anderen Frauen aus dem Handwerk schätzt, aber auch gerne die anderen Angebote des Kompetenzzentrums für Berliner Handwerkerinnen nutzt.

Luise Hofmeier, Drittwerk – Werkstatt für Metallbearbeitung GmbH, Karl-Marx-Straße 17, 12043 Berlin

Luise Hofmeier, Foto: Atelier für Fotografie – Regine Peter

LH: Ich heiße Luise Hofmeier, bin 59 Jahre alt, von Beruf Metallbauerin und lebe mit meiner Freundin zusammen.

I: Bitte erzähle, wie du zu dem Beruf gekommen bist, wie dein beruflicher Werdegang ausgesehen hat.

LH: Ich hole ein ganz kleines bisschen aus. Ich komme aus einem winzigen Dorf in Süddeutschland, sehr, sehr abgelegen, nicht in Stadtnähe.

Es ist nicht im Kopf gewesen, dass ich vielleicht etwas anderes hätte werden können als Krankenschwester. Erzieherin natürlich auch noch und Verkäuferin und so weiter. Aber es war klar: Ich wollte dann Krankenschwester werden.

Sehr viel früher habe ich aber schon gelernt, wie ich den Ölwechsel am Auto mache, wie ich Mofas repariere und so. Ich bin immer rumgerannt, war sehr viel mit meinem Vater unterwegs. Dazu muss man sagen: So lange war ich mit ihm unterwegs, bis er mich in die Küche geschickt hat, wo ich „hingehöre“, als geflügeltes Wort.

Also wurde ich Krankenschwester. Dann bin ich nach Berlin gegangen. Ich wollte weg von da. Mein Interesse an Autos, an Stahl war weiterhin immer da. In Berlin habe ich dann als Krankenschwester gearbeitet, habe noch andere Dinge getan, und habe aber sehr, sehr viele Jahre beim Verein Autofeminista gearbeitet, ehrenamtlich die Selbsthilfetage betreut. Das heißt, Frauen kamen mit ihren Motorrädern, Autos und Fahrrädern, manchmal auch mit Küchengeräten und wurden angeleitet, sie selber zu reparieren und ich habe das betreut. Das machte dann so die Runde, wer das betreut. Dann ging es los, dass wir Gelder vom Bezirk bekommen haben. Über mehrere Jahre habe ich dann Mädchen-Technik-Kurse gemacht. Alles nebenher. Derweil hatte ich nämlich aufgehört mit dem Krankenschwesterberuf, habe Abitur in der Schule für Erwachsenenbildung, einer selbstverwalteten Schule, nachgemacht. Danach habe ich noch studiert – Sozialpädagogik. Zwischendurch bin ich Taxi gefahren, um das Studium zu finanzieren. Das war immer noch nicht der Weg zu sagen „Jetzt mache ich aber was mit Metall“, obwohl mein größtes Interesse immer da lag. Als ich mit dem Studium fertig war, habe ich noch ein Jahr als Sozialpädagogin gearbeitet, dann lief die Stelle aus. Bei Drittwerk habe ich vier Wochen ein Praktikum gemacht, und klar war: Okay, ich mache Metallbau.

Metallbauerin Luise Hofmeier

I: Bitte sage mal, was Drittwerk ist.

LH: Drittwerk war und ist ein Metallbaukollektiv.

Klar war: Ich fange bei Drittwerk an und bin mit ganzem Herzen dabei. Ebenso klar war, dass ich hier auch bleibe. Mir hat alles gefallen, egal, was ich gemacht habe. Ich fand alles toll. Und direkt während meiner Ausbildung, einer betrieblichen Einzelumschulung, die mir die Arbeitsagentur bewilligt hat, weil es bei mir diese Verknüpfung von Sozialpädagogik, Mädchen und Technik gab. Da hätte ich auch anschließend weitermachen können, aber das war gar nicht mehr mein Interesse. Mein Interesse war es, Metallbau zu machen. Und ich bin dann auch direkt als Gesellschafterin bei Drittwerk eingetreten. Später bin ich mit meiner Kollegin Angela zusammen Geschäftsführerin geworden. Und ja, mein Herz ist immer noch bei Drittwerk.

Das war mein Werdegang.

I: Wie sehen die Schwerpunkte deiner Arbeit, die Schwerpunkte von Drittwerk aus?

LH: Das hat sich im Laufe der Jahre geändert. Am Anfang hat unsere Meisterin sehr viel die Buchhaltung gemacht. Sie wusste, was man alles wissen und machen muss. Sie konnte die Bilanzen lesen, hat also einfach mehr im Büro gemacht und ich viel mehr in der Werkstatt. Das ist auch mein Liebstes. Aber inzwischen hat es sich natürlich gewandelt, weil ich sehr, sehr viel im Büro machen muss, denn hier fällt viel an. Ich kann gar nicht alles aufzählen, was eigentlich so anfällt. Aber jeden Tag ist irgendetwas, und sei es, dass man sich noch mit der GEZ streiten muss. Nach dem Tod unserer Meisterin haben wir die Buchhaltung abgegeben. Wir stellen nur noch die Unterlagen zusammen und geben alles dann ins Steuerbüro. Auch noch fürs Büro zu lernen, ist nicht meins. Ich habe einmal eine Weile im Drittwerk-Leben Lexware gemacht und das hat mir eigentlich gereicht.

Jetzt habe ich gerade beim Kompetenzzentrum einen Kurs gemacht und kann endlich die betriebswirtschaftlichen Auswertungen richtig lesen. Inzwischen bin ich die technische Leiterin von Drittwerk, und dank Sozpäd-Diplom kann ich ausbilden, ohne die Ausbildereignungsprüfung zu machen.

Ansonsten ist Schwerpunkt der Werkstatt natürlich Stahlbau. Das sind Balkone, das sind Treppen, das sind meterweise Geländer. Und dann machen wir auch Sachen im Artistikbedarf. Wir machen Möbelstücke. Wir machen viele Reparaturaufträge.

Und was mir immer ein Anliegen ist: Leute von der Straße, die einen kaputten Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen oder Fahrrad haben, die kommen alle in die Werkstatt, weil sie Schweißpunkte brauchen. Irgendetwas kracht da immer und Fahrradläden zum Beispiel, die wissen das, die schicken die Leute dann direkt zu uns. Es ist schon eine Unterbrechung der eigentlichen Arbeit, weil die Leute zwischendrin kommen. Aber auch für Laufkundschaft da zu sein ist mir wichtig, das möchte ich auch nicht aufgeben, auch wenn es kein Geld einbringt und wir viel zu tun haben. Eine Kiezanbindung war Drittwerk schon immer wichtig.

I: Auf welche Arbeiten bist du besonders stolz oder welche sind dir besonders wichtig gewesen?

LH: Wirklich das Schönste, was ich einmal gemacht habe, war ein Stuhl, ein Luftstuhl, wo jemand Artistik dran gemacht hat. Der Stuhl war halt ein bisschen anders. Der musste größer sein, damit die Person sich um eine Sprosse drum rumwickeln konnte. Das fand ich richtig super. Ansonsten mag ich eigentlich alles.

Es gefällt mir, wenn ich draußen vor der Werkstatt stehe und wir unser Rohmaterial in sechs-Meter-Längen geliefert bekommen und wir alles, was wir machen, aus diesen sechs-Meter-Stangen bauen. Bleche machen wir auch, aber nicht so viel.

Treppengeländer von Luise Hofmeier

I: Wie sieht bei dir ein typischer Arbeitstag aus?

LH: Der geht in der Regel von 9 bis 17 Uhr. Ich komme sehr oft viel früher, um mich zu sammeln. Ich kann nicht gleich in Hektik hineinstürzen, wenn viele gleich irgendetwas von mir wollen. Ich brauche früh ein bisschen Ruhe. Wenn ich hier um acht komme oder um halb neun, ist meistens niemand da. Dann gucke ich erst oft in die E-Mails. Inzwischen geht alles über E-Mails, das hat sich im Laufe der Zeit total geändert. Also E-Mails gucken. Dann Angebote schreiben, Rechnungen stellen, in der Werkstatt Aufgaben verteilen. Und dann irgendwann gehe ich selber in die Werkstatt.

Zweimal die Woche gehe ich zum Yoga, dann muss ich pünktlich um 17 Uhr gehen. Sonst dauert es manchmal bis um 18 Uhr. Es gab aber auch Zeiten, wo ich hier alleine mit Auszubildenden, mit Praktikanten war und dann zehn, zwölf Stunden über Wochen am Stück gearbeitet habe. Jetzt gerade ist es entspannter, auch weil eine neue Kollegin eingestiegen ist, die sehr gut und sehr schnell im Büro arbeitet. Sie hat vor über zehn Jahren bei uns ihre Ausbildung als Metallbauerin gemacht.

I: Ihr bildet junge Frauen aus?

LH: Mehrheitlich werden Frauen in Umschulungen und in ganz normalen Ausbildungen ausgebildet. Es gibt auch eine Förderung für Frauen, die in diesen Berufen arbeiten.

 I: Wie viele seid ihr momentan bei Drittwerk?

LH: Drei Gesellinnen, zwei Gesellen, ein Auszubildender und eine Praktikantin.

 I: Das heißt ihr seid dann wie viele?

LH: Wir sind dann sechs und meistens noch eine Praktikantin oder ein Praktikant

Balkongeländer von Luise Hofmeier

I: Welche Kompetenzen muss man haben, um zum einen in einem Kollektiv zu arbeiten, zum anderen aber auch gleichzeitig diese Form von Selbständigkeit zu bewältigen?

LH: Also im Kollektiv muss man viel reden, viele Besprechungen machen, miteinander diskutieren, sich selber die Regeln geben. Ich finde das gut. Als Krankenschwester konnte ich diese Hierarchie im Beruf nicht mehr ertragen.

Natürlich bin ich hier bei Drittwerk eine, die einen größeren Überblick hat. Ich glaube, dass ich mit meiner ganzen Berufserfahrung ganz andere Kompetenzen einbringe.

 I: Bist du jemand, der Führungskompetenz einbringt?

LH: Ja, auf jeden Fall.

I: Wie sieht es aus, wenn du dir deine jetzige berufliche Situation vergegenwärtigst? Bist du alles in allem zufrieden oder würdest du gerne rückschauend noch etwas ändern, anders machen wollen?

LH: Nein. Ich bin wirklich zufrieden. Ich hätte mich ja auch selbständig gemacht. Als wir hier eine große Krise hatten, war klar: Wenn Drittwerk verkauft wird, dann mache ich eine Werkstatt für mich alleine oder vielleicht noch mit einer Person. So wie es sich aber jetzt entwickelt hat, bin ich vollständig zufrieden. Umzuziehen habe ich nicht so viel Lust, aber das wird kommen.

I: Ihr müsst umziehen?

LH: Im Februar 2021 müssen wir umziehen.

Dachgeländer von Luise Hofmeier

I: Warum?

LH: Weil unser Mietvertrag nach zehn Jahren dann ausgelaufen ist. Die Eigentümer sind Investoren, die möglichst viel Geld machen wollen. Ich hätte mir tatsächlich nicht mehr zugetraut, obwohl ich es mit dem Alter gar nicht so habe, mit einem so einen großen Betrieb noch einmal umzuziehen. Jetzt aber, wo neue Leute einsteigen, ist das für mich durchaus vorstellbar und ich werde mit allem, was ich habe, mitmischen, damit der Umzug gut über die Bühne geht.

I: Ihr sucht Räume, die möglichst noch innerhalb des S-Bahn-Rings von Berlin liegen?

LH: Ja, weil wir hier gut im Bezirk verankert sind, weil wir – wie gesagt – auch die Laufkundschaft nehmen.

 I: Das dürfte aber teuer werden.

LH: Klar. Wir werden sehen. Ein bisschen Zeit ist noch. Darf ich noch kurz etwas anderes sagen?

I: Ja, sehr gern.

LH: Was bei mir total wichtig ist: Ich bin fit! Ich habe kleine Zipperlein, aber nie schlimme Sachen. Wichtig ist für mich, zu sagen: Das, was hilft, ist Ausgleichssport. Das sage ich auch immer allen Jungen. Man muss Ausgleichssport machen, dann kann man so eine Arbeit machen, dann ist sie nicht schwer. Und ein bisschen mit dem Kopf arbeiten, dann muss man sich körperlich weniger anstrengen.

Man muss keinen schweren Stahl irgendwo hintragen, da gibt es andere Möglichkeiten. Nur manchmal müssen wir den Stahl auf die Säge heben.

Das machen wir natürlich nicht alleine. Es gibt Tricks, wie wir es machen, dass man sich nicht den Rücken kaputt macht.

Plattform und Treppe mit Geländer von Luise Hofmeier

I: Ich möchte mit dir auch über Netzwerke sprechen. Du bist im Netzwerk der Berliner Handwerkerinnen. Sind Netzwerke für dich wichtig?

LH: Ja total. Also ich bin sehr lange schon dabei. Die ersten Kurse habe ich in der Klarenbachstraße gemacht, als ihr dort noch euer Büro hattet und noch ganz winzig klein wart. Dann ging das für mich immer weiter, ich habe Kurse des Kompetenzzentrums besucht. Die Persönlichkeitstrainingskurse haben mir wahnsinnig viel gebracht und auch die Excel-Kurse. Ich mache natürlich nicht jeden Kurs mit, aber ich liebe es auch, abends nach dem Feierabend noch einmal etwas zu lernen. Und manchmal auch am Wochenende – geht ja manchmal nicht anders.

Die monatlichen Treffen im Netzwerk finde ich auch wichtig. Vor allem was ihr geschafft habt, zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer, oder dass ich mit dem Erasmus-Programm mit euch ich in Wien und vor kurzem in Südtirol war. Alles super. Natürlich kann man auch immer wieder Frauen fragen „Kannst du mir das machen?“ oder „Bea, kannst du mir die Elektrik machen?“ Chantal fragt mich nach Sachen. Ich versuche schon auch, Frauen Aufträge zu geben.

Den Austausch untereinander finde ich sehr wichtig. Ein Austausch auch über Probleme und wie sie einzelne Frauen lösen, zum Beispiel wenn Kunden oder Kundinnen nicht zahlen, das alles gehört in diesen Austausch.

Ich war jetzt zum ersten Mal im Kollektive-Netzwerk, die sind ein bisschen anders organisiert. Ich wollte immer, dass jemand von Drittwerk dahin geht, denn ich habe gesagt „Ich bin beim Handwerkerinnennetzwerk, das geht gar nicht anders, da bleibe ich auch, ich gehe nicht zum Kollektive-Treffen.“ Jetzt war ich einmal da, weil mich das Thema interessiert hat. Aber es läuft dort anders. Es läuft ruhiger.

Natürlich will ich mich mit den Frauen im Netzwerk austauschen, weil es dann für mich eine Normalität in dem gibt, was ich bin und was ich tue.

Denn manchmal erlebt man es doch, dass man gar nicht normal behandelt wird, dass Menschen Probleme mit dem haben, was ich tue. Das alte Thema „Frauen in männerdominierten Berufen“. Eigentlich langweilt mich das, aber es ist nach wie vor total aktuell.

I: Wie wichtig sind für dich Netzwerke?

LH: Die monatlichen Netzwerktreffen mit dem Austausch und auch die Besuche bei den einzelnen Unternehmerinnen finde ich super, das hat mir immer gefallen. Die Kurse natürlich auch. Ich gucke immer, was es für Kurse gibt.

Und manchmal gibt es auch Aufträge, die durch gegenseitige Empfehlung zustande kommen, weil wir uns und unsere Arbeit gegenseitig kennengelernt haben.

I: Gibt es etwas, was du im Netzwerk verändern würdest, was du dir wünschst?

LH: Nein, ich will eigentlich nichts verändern. Wir werden ja auch immer nach Kursende gefragt, was wir uns denn für einen Kurs wünschen. Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen zu sagen „Ich wünsche mir als Kurs betriebswirtschaftliche Auswertungen zu lesen“. Aber plötzlich kommt dann das Kursangebot und das ist gut. Was ich mir mal gewünscht habe, war zeichnen. Wir hatten hier vor Jahren schon einen betriebsinternen Zeichenkurs. Das hat auch ganz viel gebracht. Aber deine Frage ist ja: Was wünsche ich mir? Ich wünsche mir natürlich, dass das Netzwerk weiter besteht. Aber ich wünsche mir weiter nichts, alles ist gut.

 I: Was sind deine aktuellen Ziele?

LH: Ich will die Werkstatt möglichst am jetzigen Standort erhalten. Wenn das nicht möglich sein sollte, will ich neue Räumlichkeiten mit suchen und finden.

Und dann will ich so langsam vielleicht auf eine Vier-Tage-Woche gehen und mich langsam, langsam aus der Arbeit rausziehen.

I: Du bist dabei, einen Nachfolger, eine Nachfolgerin aufzubauen?

LH: Ja. Ganz genau. Das ist mein Ziel. Nachfolge ist mir ein großes Anliegen. Ich wünsche mir, dass ein so alter kollektiver Betrieb weiter besteht und Leuten, die Lust an Metallbau haben, einen Arbeitsplatz bietet, und dass der Betrieb weiter ausbildet.

I: Dann wünsche ich dir dabei viel Erfolg und bedanke mich für das Gespräch.

Das Kompetenzzentrum für Berliner Handwerker*innen des bfw wird durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin gefördert.

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