Chantal Chapuis ist die Inhaberin von C.C.DEKO und die einzige französische Raumausstatterin mit deutscher Ausbildung in Berlin. Ihr Gewerk betreibt sie mit dem Gefühl für Farben und Proportionen sowie mit Geschick und viel Charme, aber auch mit Leiter und Bohrer.
CC: Mein Name ist Chantal Chapuis, ich bin Raumausstatterin, komme ursprünglich aus Frankreich, wie man es vielleicht auch gelegentlich immer noch hört. Ich bin geschieden, habe eine Tochter, die nach Frankreich gezogen ist und bin auch Oma von zwei kleinen Jungs. Seit 1977 bin ich in Berlin und eigentlich auch nie aus Berlin weggezogen. Also von Anfang an war ich hier und finde diese Stadt sehr schön. Sie bietet so viele Möglichkeiten. Und bis zum Ende meines Lebens werde ich sicherlich hierbleiben.
Ich habe in Frankreich die Realschule beendet. Als ich nach Berlin gekommen bin, hatte ich keine Ausbildung, nur eine abgebrochene Ausbildung.
Später habe ich eine Ausbildung zur Raumausstatterin in Berlin gemacht. Da war ich 40 Jahre alt. Das war eine betriebliche Ausbildung. Ich bin nicht wie andere meines Alters in eine überbetriebliche Einrichtung gegangen, sondern habe die Ausbildung in einem Betrieb gemacht, zwei Jahre lang, also verkürzt.
Als Raumausstatterin arbeite ich von meinem Büro im Studio aus. Die restliche Zeit bin ich dann beim Kunden zum Aufmaß nehmen, um zu beraten, Empfehlungen zu geben. Letztendlich mache ich auch die Montage bei meinen Kunden. Wenn ich irgendwas nicht alleine kann oder nicht möchte, arbeite ich mit Kollegen zusammen, die dann diese Bereiche für mich übernehmen.
I: Bitte erzähle, was die Schwerpunkte deines Betriebes und deiner Arbeit sind.
CC: Mein Schwerpunkt liegt vorwiegend in der Fensterdekoration. Also Fensterdekoration heißt hier nicht Schaufensterdekoration, sondern Dekoration bei Privatkunden. Das heißt, wenn irgendjemand einen Sonnenschutz, einen Sichtschutz, einen Insektenschutz braucht, dann bin ich die richtige Ansprechpartnerin. Wenn aber jemand, so wie jetzt in einem Projekt, Beratung für die Auswahl der Farben, der Tapeten, für die Gestaltung braucht, dann mache ich das selbstverständlich auch und biete dann die Farben, Tapeten oder den Teppichboden zum Kauf an.
I: Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
CC: (lacht) Also einen typischen Arbeitstag gibt es nicht, weil jeder Tag anders ist und auch einen anderen Ablauf hat. Heute zum Beispiel habe ich als Erstes E-Mails und SMS von Kunden und Kundinnen gelesen und bin dann zu Kunden gegangen. Normalerweise bin ich, wenn es möglich ist, so um zehn Uhr beim Kunden und mache dort entweder die Beratung oder die Montage. Ich bin also keine Frühaufsteherin.
Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass ich zum Beispiel ein bisschen länger Mittag machen kann, wenn ich das will. Dann arbeite ich abends halt länger. In der Regel wird es abends meistens so acht Uhr, bis ich dann aufhöre zu arbeiten.
I: Selbstständigkeit bedeutet also auch freie Gestaltung und Zeiteinteilung, soweit es irgendwie geht?
CC: Ich richte mich schon sehr nach meinen Kunden. Also wenn es heißt, der Kunde kann nur dann, dann komme ich und lasse eher was Persönliches ausfallen als umgekehrt.
I: Wann hast du denn deinen Betrieb gegründet?
CC: Das war Mai 1995.
I: Und warum ein eigener Betrieb?
CC: Also, das war bei mir so, dass ich vorher angestellt war, zweimal, und dass bei der zweiten Anstellung der Betrieb geschlossen hat. Der erste Betrieb war mein Ausbildungsbetrieb, der dann irgendwann aufgehört hat. Der zweite Betrieb, in dem ich gearbeitet habe, schloss nach neun Monaten, die ich dort gearbeitet habe. Es lag aber nicht an mir (lacht), sondern an der Spielsucht des Inhabers, dass er den Laden schließen musste. Zu dem Zeitpunkt bekam ich ein Angebot, weil ein anderer Betrieb eine Dekorateurin suchte. Da habe ich mir gedacht, na ja, bevor ich dann wieder mal im Angestelltenstatus bin und wieder gekündigt werde, mache ich mich gleich selbstständig. Das habe ich dann auch gemacht.
I: Das klingt einfach, ist es aber oftmals nicht. Was braucht es denn, um sich selbstständig zu machen, was muss man mitbringen?
CC: Also ein bisschen Gelassenheit, aber auch Einsatz. Es kommt nichts von alleine, man muss immer suchen und jeden Tag aufs Neue auf die Jagd gehen. Es macht sich nichts von selbst und man muss auch ein bisschen Mut haben, um ständig auf Menschen zuzugehen, anzurufen und zu sagen „Hallo, können Sie sich vorstellen mit einer selbstständigen Raumausstatterin zusammenzuarbeiten?“ Sich also mit seiner Leistung anbieten. Diese Offenheit muss man schon haben. In meinem Beruf muss man auf jeden Fall gerne mit Menschen zusammen sein. Und überzeugt sein, dass, was man anbietet, auch gut ist. Außerdem darf man keine Angst vor Überstunden haben. Also mehr arbeiten, wenn es sein muss. Und es wäre natürlich schön, wenn man auch finanziell vielleicht jemanden hätte, der in der Not hilft. Habe ich aber nicht (lacht).
Das heißt, wenn man so sehr existenzielle Ängste hat, dann sollte man es vielleicht nicht machen. Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, ich hatte mehr existenzielle Ängste, als ich angestellt war als jetzt. Vielleicht, weil ich das jetzt mehr in der Hand habe.
I: Du bestimmst!
CC: Ja. Und ich tue was. Und wenn ich was tue, dann kommt meistens auch was.
I: Du hast mitunter sehr interessante Arbeiten, die du ausführen kannst. Gibt es Arbeiten die du gemacht hast, auf die du besonders stolz bist?
CC: Also das bin ich eigentlich öfter (lacht).
Im Moment habe ich ein schönes Projekt in einer Villa. Dort habe ich im Laufe der letzten zwei Jahre den ganzen unteren Wohnbereich mit Raffrollos, Rollos, mit Vorhängen, neuen Teppichböden, mit verschiedenen Wandfarben und Tapeten in allen Räumen, mit dem Beziehen lassen von Stühlen und von Sesseln neu ausgestattet. Und jetzt geht es in der Villa nach oben. Hier habe ich schon ein Kinderzimmer als Gästezimmer umgestaltet, auch hier mit verschiedenen Farben und Tapeten. Alles schön aufeinander abgestimmt. Jetzt geht es in ein weiteres Zimmer, das ich auch gestaltete. Ich habe sogar einen Trockenbauer beschäftigt, damit der eine künstliche Schräge baut, wo keine war, weil ich diese Spiegelung haben wollte, weil es dort auf der anderen Seite eine gab. Das sind so Sachen, die richtig Spaß machen und die mich im Ergebnis auch wirklich sehr befriedigen. Weil einfach alles passt, alles stimmt!
I: Gibt es bei dir so etwas wie ein Motto?
CC: Ja, vielleicht ist mein Motto „Schenke gerne, dann wirst du auch beschenkt.“
Für mich ist es so, wenn ich zu einem Kunden gehe und er mit meiner Arbeit total zufrieden ist, dann ist das für mich immer wie ein Geschenk. Er freut sich zum Beispiel jeden Tag an dem von mir dekorierten Fenster. Ohne mich könnte er sich nicht täglich daran freuen. Und das ist dann für mich immer ein Geschenk. Das strahlt auf mich zurück, weil ich dieses Erfolgserlebnis habe und die Freude von jemand anderem sehe.
I: Wie wichtig sind Netzwerke für dich und wann bist du als Handwerkerin ins Netzwerk gekommen?
CC: Netzwerke waren schon von Anfang an für mich wichtig. Dieses „ich kenne jemand, ich empfehle dich“, das ist für mich einfach das A und O. Und das ist für mich das, was ein Netzwerk insgesamt ausmacht.
Es geht um Empfehlung, es geht um Weitersagen, im Grunde genommen ist es eigentlich auch nichts anderes als das, was wir alltäglich machen. „Ich war im Kino, ich finde das ganz toll, ich empfehle es weiter.“ Und wir leben ja einfach von Empfehlungen. Ich fand es besonders gut damals, als ich zum Handwerkerinnennetzwerk gekommen bin. Ich bin durch eine Messe auf das Netzwerk für Berliner Handwerkerinnen gekommen, eine Unternehmerinnenmesse in der Fasanenstraße.
Ich habe gedacht, Handwerkerinnen, das ist passend. Und jetzt ist es mittlerweile bestimmt auch schon so zehn Jahre her.
I: Ja, wir kennen uns schon ganz lange und wir kennen dich als richtige Netzwerkerin. Du kooperierst mit vielen Frauen im Netzwerk. Kannst du vielleicht mal ein Beispiel erzählen?
CC: Ja also ich hatte zum Beispiel eine Kundin, die einen Sessel hatte, der unten an einem Metallteil abgebrochen war und da habe ich gesagt: „Ja okay, ich kenne eine Metallbauerin“. Ich habe sie dann mit einer Metallbauerin aus unserem Netzwerk verbunden, die das Metallteil dann repariert hat.
Zum Beispiel arbeite ich mit einer Polsterin zusammen, wenn ich die Polsterarbeiten nicht schaffe. Ich empfehle eine Malerin, wenn es größere Sachen sind. Das Einzige, was mir noch fehlt, ist eine Teppichbodenverlegerin, aber die gibt es natürlich selten, weil es auch sehr schwere Arbeit ist. Obwohl ich finde, dass das, was unsere Handwerkerinnen aus dem Netzwerk können und leisten ganz wunderbar ist. Auch von der Kraft her, was eine Schmiedin oder eine Gas-Wasser-Installateurin, die dann die Waschbecken und Badewanne stemmt, leisten. Also ich finde das großartig, was die Frauen so alles können.
I: Hast Du auch selber durch die Handwerkerinnen im Netzwerk schon Aufträge bekommen?
CC: Ja, nicht so oft, aber doch immer wieder. Ich bin ja auch nicht nur in diesem Netzwerk, sondern auch in anderen. Und deswegen gab es dann ja auch schon mal die eine oder andere Empfehlung. Für mich ist es aber auch wichtig, dass ich meinem Kunden helfen kann, wenn er eine Frage oder ein Problem hat. Und ich kann ihm helfen, wenn ich vielleicht eine Empfehlung aussprechen kann. Und deswegen finde ich das auch gut, in mehreren Netzwerken zu sein, verschiedene Frauen auch empfehlen zu können. Also ich empfehle natürlich am liebsten Frauen.
I: Und warum?
CC: Weil ich auch eine bin. Und weil ich denke, dass die Frauen einfach die Unterstützung brauchen.
I: Wo ist Chantal Chapuis in einigen Jahren? Immer noch C.C. DEKO?
CC: Ja also der Firmenname wird sich wahrscheinlich nicht mehr ändern. Ich denke, ich werde auch weitermachen, bis ich dann gar nicht mehr kann. Ehrlich gesagt kann ich es mir finanziell nicht leisten einfach aufzuhören. Rente genießen wird nicht sein. Das heißt, so lange wie möglich weitermachen. Inwiefern ich dann das Geschäft verändere, also vielleicht nicht mehr so viele Montagen mache, sondern mich in anderen Bereichen noch entwickle, weiß ich noch nicht. Ich bin nicht so ein Typ, der fünf Jahre im Voraus planen kann. Also jemand der weiß, wo er in fünf Jahren sein wird. Das ist zwar das, was man auch immer empfiehlt und was sein sollte, aber trifft nicht auf mich zu. Ich möchte natürlich in fünf Jahren genauso viel, wenn nicht noch mehr Aufträge haben als jetzt. Also Wachstum.
Aber im Moment ich bin eher damit beschäftigt, was ist morgen und was ist nächste Woche, höchstens nächsten Monat. Aber darüber hinaus gar nicht.
I: Heißt das, dass die Akquise von Aufträgen schwierig ist?
CC: Schwierig würde ich das nicht nennen, weil ich das nicht schwierig finde. Aber es ist trotzdem immer ein Thema und jede Gelegenheit wird genutzt, um mich bekannt zu machen. Eben auch auf Netzwerktreffen. Jetzt war ich auch bei dem Handwerkstreffen mit den Architektinnen. Und bei diesem Treffen mit den Architektinnen, da habe ich dann auch wieder zwei Frauen kennengelernt, die auch für mich beruflich interessant sind.
I: Möchtest Du noch etwas zum Handwerkerinnennetzwerk sagen, zum Beispiel, ob Du was ändern möchtest …
CC: Also ich finde das Netzwerk für Berliner Handwerkerinnen ganz großartig. Finde die Arbeit, die geleistet wird, ganz toll. Chapeau sagt man ja bei uns, Hut ab vor den Leistungen. Das Einzige, was man vielleicht machen sollte, wäre vielleicht eine Webseite, wo die Frauen direkt miteinander kommunizieren können, vielleicht ohne über das Netzwerk zu laufen, wenn irgendjemand irgendwas sucht oder Empfehlungen ausgesprochen werden oder so. Aber da ich mich auch mit IT nicht auskenne, habe ich keine Ahnung, wie das funktionieren soll (lacht).
I: Ich danke Dir sehr herzlich für das Gespräch.